Terminkalender

Dialogreihe Wertschätzungskette

Veranstaltungen

Quelle: AdobeStock – Piman Khrutmuang

Hier finden Sie alle vergangenen und zukünftigen Veranstaltungen der Dialogreihe „Gemeinsam gegen Lebensmittelabfälle – für eine neue Wertschätzungskette“.

3. Themenworkshop „Lebensmittelweitergabe ermöglichen – Prozesse effizienter gestalten“ – Berlin, 27.3.2025

Der dritte Themenworkshop der sektorenübergreifende Dialogreihe „Gemeinsam gegen Lebensmittelabfälle – Dialog für eine neue Wertschätzungskette“ rückte das Thema Lebensmittelspenden und Lebensmittelweitergabe in den Mittelpunkt. 26 Vertreterinnen und Vertreter aus Handel, Verarbeitung, Außer-Haus-Verpflegung und Zivilgesellschaft kamen in Berlin zusammen, um über Herausforderungen und Lösungsansätze zur Vereinfachung und Stärkung von Lebensmittelspenden zu diskutieren.

Zum Auftakt stellten Regina Treutwein und Martin Fießer von der Tafel Deutschland e.V. zwei zentrale Digitalisierungsprojekte vor, die auf eine effizientere und transparentere Gestaltung von Spendenprozessen zielen. Mit TafelConnect wird eine bundesweite Großspendenplattform entwickelt, deren Einführung für 2025/2026 geplant ist. TafelConnect soll die Verteilung großer Lebensmittelmengen vereinfachen und digital abbilden. Ziel ist es, mehr Lebensmittel zu retten und gleichzeitig die Zusammenarbeit zwischen dem Tafel Deutschland Dachverband, den Landesverbänden und Großspendern aus der Lebensmittelindustrie und dem Handel zu stärken. Ergänzt wird das digitale Angebot durch die bereits eingeführte eco-Plattform, welche eine digitale Schnittstelle zum Lebensmitteleinzelhandel darstellt. Über diese Plattform kann u. a. der digitale Lieferschein ausgestellt und Spendendaten ausgewertet werden. Ebenso kann darüber der automatische Stammdatenabgleich erfolgen. Weiterhin stellt die eco-Plattform u.a. Funktionen zur Statistik, Berichterstattung und Tourenplanung zur Verfügung. Die eco-Plattform wird bereits von 209 Tafeln und 9391 Handelsfilialen genutzt. Beide Projekte leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung und Ressourcenschonung in der täglichen Arbeit der Tafeln und erleichtern auch beteiligten Unternehmen den Weitergabeprozess.

In der anschließenden Kleingruppenphase wurden sektorenübergreifend konkrete Herausforderungen entlang der Spendenkette diskutiert. Seitens der Lebensmittelindustrie wurde auf die Problematik hingewiesen, dass retournierte Eigenmarkenprodukte aus dem Handel zum Teil nicht für die Weitergabe bzw. Spende freigegeben werden. Aus Sicht des Handels wurde insbesondere die rechtliche Unsicherheit bei der Abgabe von Lebensmitteln nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD), die Allergenkennzeichnung sowie die Einhaltung der Kühlkette thematisiert. Gleichzeitig wurde der digitale Lieferschein als hilfreiches Instrument hervorgehoben. Auch die Zusammenarbeit mit kommerziellen Plattformen wird insgesamt positiv bewertet. Diese ist aufgrund der niedrigschwelligen Umsetzbarkeit auch für Betriebe der Außer-Haus-Verpflegung attraktiv, denn die Kunden kommen direkt an den Point of Sale, um Lebensmittel abzuholen. Als Lösungsansätze wurden eine bessere Information über die Leistungen der Tafeln, die Überarbeitung der MHD-Regelungen sowie der Wunsch nach mehr Rechtssicherheit genannt. Zudem wurde in den Diskussionen über die Digitalisierung des Spendenprozesses deutlich, dass die zunehmende Digitalisierung auch Herausforderungen mit sich bringt – insbesondere im Hinblick auf die stark ehrenamtlich geprägten Strukturen vieler Einrichtungen. Die formalisierte Kommunikation über digitale Plattformen kann persönliche Kontakte und lokale Verankerung schwächen, die bislang eine tragende Rolle in der Zusammenarbeit zwischen Spendenden und Abnehmenden spielen.
An diese allgemeinen Diskussionen zu den Herausforderungen und Lösungsansätzen im Spendenprozess schloss der Vortrag von Dr. Anke Niederhaus vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) an. Sie gab einen Überblick über den aktuellen Umsetzungsstand des Rechtsgutachtens zur Lebensmittelweitergabe. Das im Auftrag des BMEL erstellte Rechtsgutachten  untersuchte bestehende rechtliche Hürden und hat Vorschläge für steuerliche, strafrechtliche und lebensmittelrechtliche Erleichterungen formuliert. Unter anderem wird eine Umsatzsteuerbefreiung für karitative Lebensmittelunternehmer empfohlen sowie die Möglichkeit, Lebensmittelspenden steuerlich geltend zu machen. Weitere Inhalte sind Vorschläge u. a. zur Einführung eines Strafausschließungsgrundes in Fällen des Containerns sowie klare Regelungen zur bestehenden Möglichkeit der Abgabe von Lebensmitteln nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums. Zentraler Vorschlag ist die Einführung der Definition des „karitativen Lebensmittelunternehmers“ im EU-Lebensmittelrecht und daran anknüpfende Erleichterungen bei Dokumentations- und Prüfpflichten. Seitens des BMEL wird, aufgrund der Zuständigkeit für die lebensmittelrechtlichen Aspekte, insbesondere der Vorschlag des „karitativen Lebensmittelunternehmers“ weiterverfolgt. Hier wurde die Einführung des Begriffs in das EU-Recht angestoßen. Andere Vorschläge wie zum Beispiel die Befreiung von der Umsatzsteuer oder die Einschränkung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungstitel bei der unentgeltlichen Abgabe bereits produzierter Lebensmittel wurden zur weiteren Prüfung an die jeweils zuständigen Bundesministerien (BMF und BMJ) weitergegeben.

In der abschließenden Ideenwerkstatt wurde diskutiert, welche Handlungsspielräume die Wirtschaft bereits heute nutzen kann – etwa im Umgang mit Retouren oder bei der internen Definition des Mindesthaltbarkeitsdatums. Deutlich wurde dabei, dass es weiterhin Rechtsunsicherheiten gibt. Gleichzeitig zeigten sich aber auch klare Ansatzpunkte: Die Entwicklung gemeinsamer Standards zwischen Tafeln und Unternehmen und der Aufbau von Vertrauen zwischen Spenderunternehmen und Organisationen der Lebensmittelweitergabe wurden als zentrale Hebel benannt. Falls es auf EU-Ebene zu keiner Reform in Bezug auf die Einführung des karitativen Lebensmittelunternehmers kommen sollte, könnte eine Harmonisierung der Umsetzungspraxis auf Länderebene helfen, Prozesse zu vereinheitlichen und das Qualitätsmanagement zu stärken.

Mit einem positiven Ausblick und vielen Impulsen für die weitere Arbeit endete der Workshop. Die Teilnehmenden betonten, wie wichtig rechtliche Klarheit, praktische Unterstützung durch Digitalisierung und der Erhalt persönlicher Beziehungen sowie die Kommunikation untereinander für die erfolgreiche Weitergabe von Lebensmitteln sind.

2. Themenworkshop: „Verbraucherkommunikation erfolgreich einsetzen – weniger Lebensmittelabfälle im Handel und der Außer-Haus-Verpflegung“ – Berlin, 26. März 2025

Beim zweiten Themenworkshop der sektorenübergreifende Dialogreihe „Gemeinsam gegen Lebensmittelabfälle – Dialog für eine neue Wertschätzungskette““ standen erfolgreiche Verbraucherkommunikationsansätze im Fokus, mit denen sich Lebensmittelabfälle entlang der Wertschöpfungskette – insbesondere im Handel und der Außer-Haus-Verpflegung – wirksam reduzieren lassen. In Fachimpulsen, Praxisbeispielen und interaktiven Gruppenarbeiten diskutierten die rund 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Strategien und Erfolgsfaktoren für eine wirkungsvolle Verbraucherkommunikation.

In seinem Einstiegsvortrag „Nachhaltiges Nudging: Sanfte Stupser in Handel und Außer-Haus-Verpflegung“ führte Dr. Sebastian Isbanner von der Technischen Universität Berlin in das Konzept des Nudging ein. Darunter versteht man kleine, gezielte Impulse, die Entscheidungsumgebungen so gestalten, dass nachhaltiges Verhalten erleichtert wird. Entscheidungspsychologisch basiert Nudging auf der Erkenntnis, dass rund 95 Prozent aller Alltagsentscheidungen intuitiv getroffen werden. Strukturelle Voreinstellungen, wie beispielsweise Portionsgrößen oder Produktplatzierungen, beeinflussen unbewusst das Verhalten von Konsumentinnen und Konsumenten. Auch Label wie „oft länger gut“ oder soziale Normen, wie umweltfreundlich oder gesund einzukaufen, wirken eher unbewusst auf Kaufentscheidungen. Nur fünf Prozent der alltäglichen Entscheidungen werden bewusst getroffen. Diese Erkenntnis kann für Strategien der Kundenkommunikation am Point of Sale (PoS) genutzt werden. Isbanner zeigte anhand von Beispielen aus wissenschaftlichen Studien, wie die positive oder negative Rahmung einer Information, emotionale Botschaften und Storytelling gezielt eingesetzt werden können, um Verbraucher und Verbraucherinnen zu nachhaltigeren Kaufentscheidungen anzuregen und so die Reduzierung von Lebensmittelabfällen am Point of Sale zu fördern. Hierzu zeigte er Praxisbeispiele aus dem Handel und der Gemeinschaftsverpflegung. Zum Beispiel appellierte eine vermenschlichte Darstellung einzelner Bananen als „traurige Singles“ an das Mitgefühl der Käufer, was zu höheren Verkaufszahlen einzelner Früchte führte.

Helena Dierkes von United Against Waste e.V./ Kompetenzstelle Außer-Haus-Verpflegung (KAHV) stellte im zweiten Vortrag „Lebensmittelabfälle reduzieren in der Außer-Haus-Verpflegung – mit Methode die richtigen Maßnahmen finden“ in der Praxis erprobte Maßnahmen zur Reduzierung von Tellerresten und Lebensmittelabfällen in der Außer-Haus-Verpflegung vor. Erfolgreiche Ansätze reichen von der Lagerung der Lebensmittel über variable Portionsgrößen, gezielte Kommunikationsmaßnahmen bis hin zur Bereitstellung geeigneter Behältnisse zur Mitnahme. Sie betonte, dass eine klare Kommunikation, eine positive Ansprache und der direkte Kontakt mit Gästen an der Ausgabe besonders wirkungsvoll seien. An einem Best-Practice verdeutlichte Frau Dierkes, dass eine genaue Messung der Lebensmittelabfälle eine zentrale Voraussetzung für die Auswahl von Maßnahmen zur Reduzierung von Lebensmittel essentiell ist. Auf dieser Basis kann beispielsweise im nächsten Schritt die Speiseplangestaltung, z.B. mit Blick auf bestimmte Gerichte, optimiert werden.

In der anschließenden Kleingruppen-Phase diskutierten die Teilnehmenden nach Sektoren getrennt bewährte Kommunikationsansätze am Point of Sale im Handel sowie in der Außer-Haus-Verpflegung. Im Handel wurden Initiativen im Markt rund um das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) und Kundenkommunikationsmaßnahmen am PoS sowie über Prospekte und Apps diskutiert. Auch Zielkonflikte wurden thematisiert: So können kleinere Verpackungsgrößen zum Beispiel zwar Lebensmittelabfälle reduzieren, führen jedoch zu mehr Verpackungsmüll. Die Empfehlungen beinhalteten eine zielgruppenspezifische Ansprache, eine stärkere Verbindung zur Bildung sowie die Vermittlung von Erlebnissen am Point of Sale anstelle rein informativer Kommunikation. So haben sich Verkostungsaktionen von Produkten kurz vor Ablauf des MHD (sog. „MHD-Tastings“) als vertrauensbildende Maßnahme bewährt. Wichtig – so die Teilnehmenden – sei zudem das Messen und Bewerten von Maßnahmen und nach Möglichkeit das Befragen von Verbraucherinnen und Verbraucher, um besonders geeignete Maßnahmen zu identifizierten. In der Außer-Haus-Verpflegung wurden Kommunikationsmaßnahmen zur Sensibilisierung der Gäste, flexible Lösungen und die direkte Gästeansprache hervorgehoben. Auch Herausforderungen, wie die Produkthaftung bei der Weitergabe von Lebensmitteln sowie wie die Notwendigkeit positiver Framing-Strategien und niedrigschwelliger Kommunikation wurden diskutiert. So bieten Cateringunternehmen in ihrer Speiseplangestaltung ein „Resteessen“ des am wenigsten verzehrten Gerichts der Woche in ihrem Freitagsmenü an. Dadurch werden die Kunden für das Thema sensibilisiert und gleichzeitig Lebensmittelabfälle reduziert. Wesentlich bleibt aber die Schulung der Mitarbeitenden, die am Point of Sale Kunden über die Maßnahmen zur Reduktion von Lebensmittelabfällen informieren.

Am Nachmittag präsentierten Janina Unger (Koordinierungsstelle Zu gut für die Tonne!) und Vera Büttner (BMEL) die Initiative Zu gut für die Tonne! (ZgfdT!) sowie die gleichnamige jährliche, bundesweite Aktionswoche. Zunächst wurde der neue Kommunikationsansatz von ZgfdT! mit neuen Motiven, alltagsnaher Ansprache und praktischen Tipps für verschiedene Zielgruppen vorgestellt. Die Kampagne greift typische Alltagssituationen auf, in denen Lebensmittel verschwendet werden, und zeigt konkrete Handlungsmöglichkeiten auf, um Abfälle zu vermeiden. Zudem wurde ein Rückblick auf die bisherigen Aktivitäten rund um die Aktionswoche gegeben, die jährlich am 29. September beginnt.

In der anschließenden Ideenwerkstatt wurde – aufgeteilt in zwei Gruppen – zum einen über mögliche gemeinsame Kampagnenansätze der Akteure gegen Lebensmittelverschwendung und für mehr Lebensmittelwertschätzung sowie über eine mögliche Zusammenarbeit mit ZgfdT! diskutiert. Zum anderen war die Beteiligung an der jährlichen Aktionswoche Thema. Einige Teilnehmende sprachen sich dafür aus, ZgfdT! als Dachmarke für gemeinsame Aktionen zu nutzen und so eine breitere öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen. Auch das Festlegen eines gemeinsamen jährlichen Themas und die Erstellung eines dazu passenden Toolkits für teilnehmende Akteure wurde angeregt. In Bezug auf die Aktionswoche wurden konkrete Ideen zur Mitgestaltung durch Unternehmen und Verbände diskutiert. Auch hier wurde der Wunsch nach einer sektorenübergreifenden Kommunikation (z.B. ein Dach bieten für eine übergreifende Aktion im Handel) geäußert. Angeregt wurde zudem ein einfacherer Anmeldeprozess und ein Ideenpool für mögliche Maßnahmen innerhalb der Aktionswoche. Eine weitere Idee war, Akteure der letzten drei Jahre zu ihren Wünschen und Bedarfen zu befragen. Dazu gehört auch die Abfrage, weshalb sich Akteure gegen die Teilnahme entscheiden. Auf dieser Datengrundlage könnten weitere Anpassungen der Aktionswoche vorgenommen werden.

Zum Abschluss wurde nochmals die Bedeutung einer sektorenübergreifenden Zusammenarbeit mit ZgfdT! betont. Teilnehmende forderten eine Vereinfachung bei der Logo-Nutzung von ZgfdT! sowie leicht zugängliche Unterstützungsangebote. Der Wunsch nach einem gemeinsamen thematischen Rahmen, untereinander abgestimmten Maßnahmen und einer besseren Sichtbarkeit der Initiative wurde ebenso deutlich wie das Potenzial, die Aktionswoche gemeinsam weiterzuentwickeln.

1. Themenworkshop "Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten, Handel und Verarbeitung – was wirkt?" - Berlin, 27. Januar 2025

Im Mittelpunkt des ersten Themenworkshops der Dialogreihe "Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung – für eine neue Wertschöpfungskette" standen die privaten Haushalte. Welche Maßnahmen sind besonders geeignet, Verbrauchende für das Thema zu sensibilisieren? Welche wirken zudem bis in die privaten Haushalte hinein und helfen, auch dort Lebensmittelabfälle zu reduzieren? Und wie lässt sich die Wirksamkeit solcher Maßnahmen evaluieren? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich die 15 Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen und Verbänden des Lebensmittelhandels und der Lebensmittelverarbeitung, die zum Workshop "Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten, Handel und Verarbeitung – was wirkt?" nach Berlin gereist waren.

Der gemeinsam mit dem Dialogforum Private Haushalte 2.0 durchgeführte Workshop verfolgte dabei vor allem zwei Ziele: Zum einen ging es darum, gemeinsam geeignete Maßnahmen aus Handel und Verarbeitung zu identifizieren. Zum anderen sollten mögliche Partnerprojekte zwischen dem Dialogforum und teilnehmenden Unternehmen und Verbänden angestoßen werden, die neben einer co-kreativen Maßnahmenentwicklung auch die Wirksamkeitsmessung dieser Maßnahmen beinhalten.

Zum Auftakt präsentierte Prof. Dr. Nina Langen von der Technischen Universität Berlin zentrale Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Citizen Science Projekt, das im Rahmen des ersten Dialogforums private Haushalte durchgeführt wurde. Das Projekt hat wertvolle Erkenntnisse im Hinblick auf die Wirksamkeit von Informationsmaßnahmen und Mitmachangeboten geliefert, die private Haushalte adressieren und darauf abzielen, Lebensmittelabfälle dort weiter zu reduzieren. Im Anschluss stellte Andrea Lenkert-Hörrmann von Slow Food Deutschland das im Rahmen des Dialogforums 2.0 entwickelte digitale Küchentagebuch vor. Das Küchentagebuch, das im Januar in die Zu gut für die Tonne!-App integriert wurde, ermöglicht Nutzenden ihre Lebensmittelabfälle direkt in der App zu erfassen, eigene Reduzierungsziele festzulegen und statistische Auswertungen sowie personalisierte Tipps zur Reduzierung ihrer Lebensmittelabfälle zu erhalten. Damit trägt es dazu bei, dass Nutzende ihr eigenes Verhalten in Bezug auf Lebensmittelabfälle reflektieren und optimieren können. Zudem ist das Küchentagebuch auch ein geeignetes Tool für Akteure, um die Wirksamkeit von an private Haushalte gerichtete Maßnahmen zu evaluieren.

In der ersten Workshop-Phase erarbeiteten die Teilnehmenden Steckbriefe zu Maßnahmen, die in ihren Unternehmen oder Verbänden bereits geplant oder umgesetzt werden, um Verbrauchende zu sensibilisieren und idealerweise auch Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten zu reduzieren. Es wurden zum einen erfolgreiche Konzepte wie beispielsweise die „Rettertüte“ und Initiativen wie „Oft länger gut“ oder „Krumme Dinger“ zur Verbrauchersensibilisierung angesprochen. Zum anderen wurden auch Hindernisse bei der Umsetzung thematisiert, um daraus für neue Maßnahmen und Projekte zu lernen. Im einem Gallery Walk & Talk wurden anschließend Praxisbeispiele aus dem In- und Ausland zu den Bereichen Produkt- und Verpackungsgestaltung, Preisstrategien, Promotionsmaßnahmen, Platzierungsstrategien und Nudging-Techniken zur Verhaltensbeeinflussung vorgestellt. In den Diskussionen an den einzelnen Stationen zeigte sich, dass eine dynamische Preisgestaltung beispielsweise bereits von vielen Unternehmen umgesetzt wird, während ein Ampelsystem zur Anzeige der verbleibenden Haltbarkeitszeit eher kritisch bewertet wurde. Besonderes Interesse fanden erfolgreich umgesetzte Maßnahmen aus anderen Ländern, wie z.B. die Rezepttipps nach Reifegrad von Obstsorten (Projekt „Bananen“ aus Kolumbien). Auch die Idee, zusammengestellte Zutaten als Rezepte zu präsentieren, stieß auf großen Anklang. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse entwickelten die Teilnehmenden in der dritten Workshop-Phase Ideen für weitere Maßnahmen. Inwiefern einige dieser Ideen in Form von Partnerprojekten mit dem Dialogforum private Haushalte 2.0 in den kommenden Monaten umgesetzt und evaluiert werden können, wird von den potentiellen Partnern noch geprüft und im Rahmen des Dialogforums private Haushalte 2.0 weiterentwickelt.

Insgesamt hat der erste Themenworkshop gezeigt, dass bereits einige erfolgversprechende Ansätze in Handel und Verarbeitung existieren, die Verbraucherinnen und Verbraucher dabei unterstützen, Lebensmittelabfälle in ihren Haushalten zu reduzieren. Aber auch das Potential ist groß, durch entsprechende Kundenkommunikation und -maßnahmen Lebensmittelabfälle am Point of Sale und damit in den Unternehmen selbst weiter zu reduzieren. Der zweite Themenworkshop der Dialogreihe Ende März, der sich insbesondere an den Lebensmitteleinzelhandel und die Außer-Haus-Verpflegung richtet, wird sich daher diesem Aspekt widmen und dabei auch an Ergebnisse des ersten Workshops anknüpfen. Auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der BMEL-Initiative Zu gut für die Tonne! und gemeinsame öffentlichkeitswirksame Aktionen werden im Workshop eine Rolle spielen.

Auftaktveranstaltung zur Dialogreihe in Berlin, 4. Dezember 2024

Am 4. Dezember 2024 fand die Auftaktveranstaltung der BMEL-Dialogreihe „Gemeinsam gegen Lebensmittelabfälle – für eine neue Wertschätzungskette“ statt, an der rund 50 eingeladene Vertreterinnen und Vertreter aus der Primärproduktion, Lebensmittelverarbeitung, dem Groß- und Einzelhandel, der Außer-Haus-Verpflegung sowie der Zivilgesellschaft teilnahmen. Ziel der Veranstaltung war es, den Erfahrungsaustausch und die Vernetzung zwischen den Sektoren zu fördern, unterschiedliche Perspektiven einzubinden und Themenfelder bzw. Schnittstellen zwischen den Sektoren mit hohem Reduktionspotenzial gemeinsam zu identifizieren und zu priorisieren.

Die Veranstaltung wurde von der Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Silvia Bender, eröffnet. Manuela Kuntscher vom Thünen-Institut für Marktanalyse setzte mit ihrem Fachvortrag „Lebensmittelabfälle an den Schnittstellen der Wertschöpfungskette“ wichtige Impulse für die anschließenden Diskussionen. Ihre Ausführungen basierten auf Erkenntnissen und Ergebnissen aus den vorangegangenen sektorspezifischen Dialogforen und beleuchteten Potenziale zur Reduktion von Lebensmittelabfällen.

Im Rahmen eines interaktiven World-Cafés wurden zentrale Themen entlang der Schnittstellen der Wertschöpfungskette identifiziert, deren Reduktionspotenziale bewertet und Umsetzungshürden diskutiert. Dabei kristallisierten sich folgende Themenfelder heraus:

•    Qualitätsanforderungen an Produkte und Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher / Kommunikation
•    Transport und Logistik
•    Warenmanagement & Retouren unter Einbindung neuer Technologien / KI
•    Gesetzliche Rahmenbedingungen (insb. Weitergabe von Lebensmitteln / Spenden)

Diese Themenfelder wurden anschließend in Kleingruppen weiter differenziert und konkrete Empfehlungen für die kommenden Themenworkshops herausgearbeitet. Im Fokus standen der Wunsch nach Fachimpulsen, praxisnahen Beispielen und internationalen Erfahrungen sowie der gemeinsamen Entwicklung von Maßnahmen. Auch innovative Geschäftsmodelle zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen wurden als mögliche Inhalte für die weiteren Diskussionen benannt.

Als nächster Schritt werden im ersten Halbjahr 2025 sechs themenbezogene Fach-Workshops mit relevanten Akteuren durchgeführt, die auf den identifizierten Schwerpunkten aufbauen. Auch der Wunsch vieler Teilnehmenden, Ansatzpunkte in Bezug auf die Verbraucherinnen und Verbraucher mit in den Blick zu nehmen, wird berücksichtigt werden. Die Abschlussveranstaltung der Dialogreihe ist für den 18. September 2025 geplant. Ziel ist es, den Dialog langfristig zu verstetigen und Eigeninitiativen der Akteure der Lebensmittelwertschöpfungskette zur Reduktion von Lebensmittelabfällen zu fördern.

 

Hier geht's zum Fachvortrag „Lebensmittelabfälle an den Schnittstellen der Wertschöpfungskette“

Stand: 16.12.2024