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Wie der Handel Lebensmittel retten kann

Quelle: (c) Eisenhans - AdobeStock

Ob vom Verbraucher, von der EU oder vom Lebensmittelgesetzbuch: Im Umgang mit Lebensmitteln sind die Erwartungen an den Handel groß. Strenge Hygienevorschriften müssen eingehalten und Produkte mit abgelaufenem Verbrauchsdatum entsorgt werden. Die Verbraucher kaufen nicht immer gleich viel, also müssen Nachfrageschwankungen gut kalkuliert werden. Dies gilt besonders für Lebensmittel, die leicht verderben wie zum Beispiel Fleisch, Gemüse und Obst. Dabei erwarten die Kunden nicht nur eine große Auswahl, sondern auch, dass Obst und Gemüse möglichst perfekt aussieht. Was Macken hat, bleibt leider oft liegen.
Unter diesen Voraussetzungen ist es für Lebensmittelhändler eine Herausforderung, den Einkauf so zu planen, dass möglichst wenige Lebensmittel in der Tonne landen. Die Initiative „Zu gut für die Tonne!“ zeigt auf, mit welchen Maßnahmen Lebensmittelabfälle im Handel reduziert werden können.

Positiv auf Produzenten und Lieferanten einwirken

Zum Teil werden Lebensmittel schon entsorgt, bevor sie in die Regale der Supermärkte gelangen. Vor allem dort, wo Transport-, Lager- und Kühlmöglichkeiten unzureichend sind. Auch Schädlingsbefall und mangelhafte Hygiene lassen Lebensmittel bereits in der Produktion verderben.
Handelsunternehmen können Verlusten in dieser Wertschöpfungsstufe vorbeugen, indem sie Landwirte und Lieferanten schulen. So kann auch sichergestellt werden, dass die Produkte den internationalen Sicherheits- und Qualitätsstandards entsprechen und nicht unnötig entsorgt werden müssen.

Mit Prognosesystemen Bestellmengen optimieren

Kunden erwarten bis zum Ladenschluss stets eine Vielfalt von einwandfreier und frischer Ware. Manche Frischeprodukte wie Salate oder Fleischwaren sind am nächsten Tag jedoch nicht mehr verkäuflich. Die Herausforderung ist es, gründlich, vorausschauend und bedarfsgerecht zu planen, damit möglichst wenig verschwendet wird.
Aus der Analyse von Verkaufsdaten und mittels moderner Prognosesysteme kann man die Kundennachfrage berechnen und bei der Bestellung einkalkulieren. Auch regionale Wetterprognosen sollten in die Bedarfsplanung einfließen. Steht ein verregnetes Wochenende vor der Tür, wird voraussichtlich weniger Grillfleisch nachgefragt als an sonnigen Tagen. Um Lebensmittelabfälle zu vermeiden, bestellen viele Händler bereits häufiger kleinere Mengen. Lagerzeiten können so verkürzt werden, weniger Lebensmittel verderben.

Umgang mit dem MHD verbessern – Kunden sensibilisieren

Das baldige Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) bei Milch und Milchprodukten führt oft dazu, dass Lebensmittel weggeworfen werden, die noch genießbar sind. Leider greifen Kunden, wenn sie bei einem Produkt die Wahl zwischen kurzer oder längerer MHD-Restlaufzeit haben, lieber zur längeren Laufzeit. Dabei ist das Mindesthaltbarkeitsdatum lediglich eine Orientierungshilfe, bis zu welchem Tag produktspezifische Eigenschaften wie Geschmack, Geruch, Farbe, Konsistenz und Nährwert bei richtiger Lagerung erhalten bleiben. Auch nach Ablauf des MHDs müssen die Lebensmittel längst nicht schlecht sein.
Der Handel kann der Verschwendung entgegenwirken, indem Waren nahe am MHD speziell ausgezeichnet und reduziert angeboten werden. Viele Läden verfügen bereits über spezielle Kühlzonen oder Regale im Kassenbereich, in denen solche günstigeren Lebensmittel angeboten werden. Zudem kann der Handel die Möglichkeit in Betracht ziehen, das MHD zu verlängern, sofern er sich von den Eigenschaften des Lebensmittels nachweisbar überzeugt hat und hierfür die Verantwortung übernimmt.
Um auch die Käufer für das Problem zu sensibilisieren, kann der Handel die Kunden gezielt informieren. Als Schnittstelle zwischen Produzent und Konsument hat der Handel die Chance, positiv auf die Wahrnehmung und Wertschätzung von Lebensmitteln beim Verbraucher einzuwirken.

Angebote anpassen und reduzieren

Ob Familien, Singles, Senioren oder junge Paare: Je nach Haushaltsgröße ist der Bedarf an Lebensmitteln unterschiedlich. Händler können dabei helfen, Lebensmittelreste in Haushalten zu minimieren, indem sie unterschiedliche Packungsgrößen anbieten. Zudem sollten Obst und Gemüsewaren möglichst lose angeboten werden. So können sich Kunden bedarfsgerecht auch mit kleineren Mengen versorgen.
Entsprechen einzelne Tomaten, Karotten und Co. augenscheinlich nicht den optischen Ansprüchen der Kunden, muss die wertvolle Ware nicht entsorgt werden. Überlegenswert ist eine Verarbeitung in Salattheken oder Saftbars. Beispielhaft ist ein Supermarkt in Holland, der eine eigene Resteküche etabliert hat.
Rückt der Ladenschluss in greifbare Nähe, sollten sogenannte „Backstationen“ ihr Sortiment deutlich reduzieren. Denn es ist unwahrscheinlich, dass all die frischen Brötchen und Croissants noch verkauft werden. Auf der Basis von Verkaufsanalysen können gut gehende Produkte vor Geschäftsschluss noch frisch aufgebacken werden. Restbestände finden preisreduziert ihre Käufer.

Beste Reste spenden

Lebensmittel, die verzehr-, jedoch nicht mehr verkaufsfähig sind, z. B. Früchte mit kleinem Makel oder falsch etikettierte Ware, werden doppelt wertvoll, wenn sie bedürftigen Menschen zugutekommen. Ob in Suppenküchen für Obdachlose, bei der Versorgung von Flüchtlingen oder als Angebot in Sozialmärkten: Restbestände können an karitative Einrichtungen gespendet werden und helfen so Menschen in Notlagen aus.
In unserem Leitfaden zur Weitergabe von Lebensmitteln an soziale Einrichtungen sind alle wichtigen Informationen dazu aufgeführt.