Menschen kochen gemeinsam
Beispielhaft

„Mit geretteten Lebensmitteln nachhaltige Kocherlebnisse schaffen.“

Quelle: @Hanse Visuals

Gemeinsam Kochen und Essen und dabei Lebensmittel vor der Tonne bewahren? Nach diesem Prinzip bietet Thore Hildebrandt regelmäßig ein „Nachhaltiges Retterdinner“ an. Aus geretteten Lebensmitteln wird dabei ein pflanzenbasiertes 4-Gänge-Überraschungsmenü.

Herr Hildebrandt, früher waren Sie ein erfolgreicher Banker und heute kochen Sie Gerichte aus geretteten Lebensmitteln. Was ist passiert?

Nach meinem Job als Banker habe ich beschlossen, ein Jahr Auszeit zu nehmen und bin mit dem Rad in der Welt unterwegs gewesen. In dieser Zeit habe viel mit Freunden gemeinsam gekocht. Dabei wurde mir bewusst, dass wir zu unachtsam mit unserem Planeten und seinen Ressourcen umgehen und dass mich das nicht erfüllt. Wenn ich koche, sehe ich was ich geschafft und kreiert habe. Gemeinsam mit lieben Menschen kochen und essen – das erfüllt mich.

Ihre Lösung nach Ihrer Rückkehr nach Deutschland war das „Nachhaltige Retterdinner“. Was ist das und wie läuft ein „Nachhaltiges Retterdinner“ ab?

Die pflanzliche Küche ist so facettenreich. Mit meinem „Nachhaltigen Retterdinner“ möchte ich mit meinen Gästen und geretteten Lebensmitteln nachhaltige Kocherlebnisse schaffen.

Angefangen habe ich mit Retterdinnern, die ich für meine Gäste gekocht habe. Nun wurden diese um Kocherlebnisse erweitert.  Hiefür besorge ich Lebensmittel beispielsweise auf  Bio-Märkten oder bei SirPlus. Letzterer bietet Obst und Gemüse an, das nicht der Normen entspricht oder bereits abgelaufene Lebensmittel, die aber noch genießbar sind. Währenddessen entsteht in meinem Kopf das kreative Menü für das jeweilige Retterdinner. Gemeinsam mit meinen Gästen zaubern wir dann ein 4-Gänge-Menü aus geretteten Lebensmitteln. Ich koche bei privaten Gastgebern, aber auch mit Firmen. Häufig arbeite ich mit Restaurants, wie dem Blanca Soulfood in Hofheim zusammen. Sie sind offen für das Konzept und gemeinsam gehen wir das Thema Nachhaltigkeit an und überraschen unsere Gäste immer wieder aufs Neue. Der Abend ist viel mehr als nur reines Essen. 

Zu jedem Gang erzählen Sie etwas zu dem geretteten Lebensmittel. Wieso?

Aufklärung und den Bezug zu den geretteten Lebensmitteln herzustellen ist mir besonders wichtig, denn Wissen führt zu mehr Wertschätzung unserer Lebensmittel. Und nur was wir kennen, können wir wertschätzen. Heutzutage kaufen wir Lebensmittel oft nur noch im Supermarkt und wissen häufig gar nicht mehr, wie viel Arbeit und Ressourcen in so einem Stück Gemüse drinsteckt. Sieht eine Zucchini zum Beispiel auch nicht so schön aus, bleibt sie häufig liegen und landet dann in der Tonne. Das muss nicht sein.

Ihre Leidenschaft ist es, gemeinsam zu kochen und zu essen. Wie kann das helfen, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren?

Gemeinsam Zeit zu verbringen und bei einem guten Essen mit Freunden, Kollegen und Bekannten zu kochen und zu essen, kommt in unserer heutigen sehr schnelllebigen Zeit selten vor. Dabei schmeckt Essen, dass man gemeinsam und in einer gemütlichen Runde genießt, viel besser. Dadurch, dass man die Lebensmittel selber zubereitet, hat man einen größeren Bezug zu ihnen und kann sie besser wertschätzen. Darüber hinaus inspiriere ich meine Gäste wie sie lecker ohne tierische Produkte kochen können.

Was raten Sie denen, die ihre Koch-Fähigkeiten erweitern und verbessern wollen?

Rezepte sollten als Anregungen oder als Leitfaden gelten. Kochen heißt experimentieren und den eigenen Geschmack finden. Beim Kochen geht es darum, Dinge auszuprobieren. In einer Gruppe sind immer Teilnehmer, die gerne kochen und die anderen etwas zeigen können. Mir ist wichtig, dass jeder Einzelne die Gerichte einfach so zu Hause nachkochen kann, wie er oder sie es mag.

UFOs und UNNIES – was hat es damit auf sich?

Wenn ich bei Freunden oder Bekannten koche, hole ich erstmal alles aus dem Kühlschrank heraus, gucke, rieche und probiere es. Alles was den Sinnestest übersteht, versuche ich in ein leckeres Gericht zu transformieren. So zu kochen, nenne ich kochen mit UFOs – das steht für “unknown food objekts”. Das hat zwei Vorteile: Wir haben wieder mehr Platz im Kühlschrank und das gute Gefühl nichts wegzuwerfen. UNNIES sind die unbeliebten Lebensmittel, also die krumme und schrumpelige Möhre oder der abgelaufene Aufstrich. Das Gefühl, damit zu kochen ist einfach wunderbar!

Haben Sie ein Lieblingsreste-Rezept?

Mein Lieblingsrezept ist der Brotling von Sophia Hoffmann, eine Köchin die mich sehr inspiriert hat. Dabei wird etwas in die Tage gekommenes Brot mit karamellisierten Zwiebeln und kross angebratenen Pilzen mit ein wenig Soja-Sauce und Chutney zu knusprigen Bratlingen verarbeitet. Einfach lecker und kommen bei allen gut an!