
Über 100 Gemüse- und Obstsorten hat die Stadt Andernach auf 10.000 Quadratmetern angepflanzt. Sähen, pflegen und ernten werden dabei für die Öffentlichkeit erlebbar. Ein kleines Naturschauspiel, das bei den Bewohnern einen bleibenden Eindruck hinterlässt, wie Andernachs Geoökokloge Lutz Kosack berichtet: "Wenn ich über sechs Wochen sehe, wie ein Kohlrabi wächst, dann lasse ich ihn nicht einfach vergammeln." Letztendlich gehe es um den Wert von Lebensmitteln. "Der wird den Leuten einfach viel stärker bewusst, wenn sie Kontakt mit der Produktion von Nahrungsmitteln haben", sagt Kosack.
So kam die Landwirtschaft in die Stadt
Entstanden ist die Idee zur "Essbaren Stadt" im Jahr der Biodiversität 2010. "Wir haben uns überlegt, wie man den Leuten das Thema Biodiversität besser vermitteln kann – über riechen, anfassen und schmecken", erzählt Kosack. Die Verwaltung entschied sich damals, 101 Tomatensorten entlang der Schlossmauer zu pflanzen – eine nicht nur sprichwörtlich wegweisende Idee "Und das kam so gut an, dass wir das Projekt ausgeweitet haben", berichtet Kosack.
Andernach setzt auf regionale Sorten
Aus "Betreten verboten" wurde "Pflücken erlaubt": Das nachhaltige Konzept "Essbare Stadt" entstand. Andernach setzt dabei auf regionale und seltene Obst- und Gemüsesorten. Inwieweit die Einwohner dadurch auf den Geschmack kommen und auch im Laden Regionales kaufen, weiß Kosack nicht genau einzuschätzen. Wer dies tue, wirke in jedem Fall Lebensmittelverschwendung entgegen. Bei regionalen Produkten sei die Gefahr geringer, dass Lebensmittel beim Umladen oder auf dem Transportweg beschädigt werden und deshalb auf dem Müll landen.
Bürger engagieren sich zunehmend
In Stand gehalten werden Beete und Bäume von Langzeitarbeitslosen. Doch auch immer mehr Bürger beteiligen sich an der urbanen Landwirtschaft, deren bewirtschaftete Fläche allmählich und nachhaltig weiterwächst. Ein Winzer im Ruhestand kümmert sich um den Weinanbau, eine Schulklasse pflegt ein Gemüsebeet und Engagierte übernehmen zunehmend Beet-Patenschaften. Probleme mit Vandalismus gibt es kaum. Zu groß sei die Wertschätzung des essbaren Gemeinguts. Auch bleiben Obst und Gemüse nicht einfach liegen und verfaulen, wie manche Kritiker zunächst befürchteten. Kosack freut das Engagement der Bürger: "Die Leute machen die Grünflächen zu ihrem Reich und holen Lebensmittel dahin, wo sie hingehören – in die Lebensmitte."